Zwei Spaßvögel der leiseren Töne
Premiere Mittwochabend im Kulturzentrum Club:
zwei Altmeister und Giganten der britischen Folk-Blues - Szene konzertierten
erstmals gemeinsam in Heiligenhaus. Der Blues-Sänger Wizz Jones und der
Liedermacher Colin Wilkie präsentierten sich als Vollblutmusiker und Spaßvögel,
faszinierten mit ihrer sensiblen Musikalität. In den vorwiegend leisen Tönen und
der Vielfalt ihrer Songs bewiesen sie, dass sie heute zu den legendären
europäischen Vorreitern innerhalb des Genres zählen. Die verinnerlichten und
vibrierenden Interpretationen der ergrauten Musiker liessen das Publikum ebenso
in den sanften Weisen wie in den flotten Rhythmen atemlos lauschen. In traumhaft
melodiösen Arrangements und sensiblen Verknüpfungen von Text und Musik bot
das Duo klassischen Folk-Blues "at its best", wobei im Wechsel von Solo- und
Duoauftritten der beiden Künstler die abwechslungsreiche musikalische Spannung
lag.
Immer frische Impulse
Berühmte deutsche Liedermacher wie Reinhard Mey, Franz-Josef Degenhardt und
Hannes Wader wurden vom Sänger und Songwriter Colin Wilkie mit neuen
Impulsen infiziert.
Dass der Musikus auch ein begnadeter Entertainer ist, war gleich bei seinem
ersten Auftritt erkennbar. Gewitzt glossierte und kommentierte er seine Songs, die
von der Liebe zu den Menschen und der Natur handelten, durchaus auch
Sozialkritik übten. Mit gefühlvollem und romantischem
Timbre besang er "Emily Anne" ("auf Wunsch von Reinhard Schneider, der das
Geld gibt, und dem ich folgen muss") wundervoll sanft und weich von der
Lebenslust und -last einer alten Lady, "In the Night Café" den Umbau eines
Künstlertreffs in Arles zu einem Industriegiganten. Partner Wizz Jones wurde
seinem Ruf als Blues- und Folkheros voll gerecht.
Den Blues im Gefühl
Beeindruckend sein kraftvoll rauhes Stimmpotential mit dem sensiblen
Bluesfeeling und umwerfend sein begleitendes exzellentes Gitarren- und
Banjospiel.
Effektvoll unterstützte er die Songs auf den Instrumenten mit einer ausdrucksvollen
Variante des "Fingerpicking" und einer vorn ganzen Körper gesteuerten
eigenwilligen Vibratotechnik, verschaffte so den Tönen ihre spezifische Bedeutung
in einer ungemein spannungsgeladenen Rhythmusstruktur. Anrührend interpretiert
der Klassiker "Night Ferry".
Musikalität und Fähigkeit zum homogenen Zusammenspiel der beiden Altmeister
war auch in den Duos hörbar. Sehr melodiös, romantisch melancholisch oder
heiter witzig überbrachten sie ihre musikalische Botschaft, zupften virtuos die
Saiten, ließen sie begleitend wie leises Windes-säuseln oder mächtiges
Wellenbrausen erklingen. Drei Zugaben beendeten ein Konzert das beim
begeisterten Publikum noch lange nachklingen dürfte.
Rheinische Post 2.11.2002